STEPHAN REMMLER – 1,2,3,4 (CD/It-Sounds/BMG) – Info:
www.stephan-remmler.de
Zur letzten Single „Einer muß der
beste sein“ wollte
ich im Juni eigentlich schon eine Kritik beisteuern, nun ergab
sich aber ein noch gewichtigerer Grund, endlich mal die Albumrezi nachzuschieben:
STEPHAN REMMLER, Mitbegründer der [NDW-]Kultband TRIO,
wurde am 25.10.2006 60 Jahre alt...auch von hier aus wünsche ich
ihm nur das Beste für sein weiteres Leben, auf daß er uns
noch einige Veröffentlichungen kredenzt und sich vor allem noch
lange bester Gesundheit erfreut! Das Langwerk, welches ich hier nun näher
betrachten möchte, kam im Juli an´s Licht der Welt und hört
auf den Namen „1,2,3,4“. Es erschien in diversen Versionen,
wobei ich mich hier auf die Haupt-CD beschränke. Dazu gibt es eh
schon genug anzumerken.
„Broken hearts“ eröffnet den Silberling, ein eher melancholischer
Beginn, der schon erkennen läßt, daß es hier zumeist
nicht um Tanzware geht, aber um viel Demut, positives Selbstbewußtsein,
Emotionen, in minimalistische Phrasen gesteckten Tiefsinn und Lebenserfahrung.
Man
bekommt fast den
Eindruck, daß dieses Werk eine Art Zusammenfassung seiner Lebensweisheit
darstellt. Glücklich muß man sich schätzen, wenn einem
sowas „erlaubt“ wird, andere daran teilhaben zu lassen, ja,
gar jeden, der die Anzahl Doppelmark und ein wenig Einfühlvermögen
und –wille aufbringt.
„Einer muß der beste sein“, die zweite Vorabsingle, ist das
typische Selbstverständnis eines Ausnahmekünstlers, egal, wie
viel Selbstironie im Subtext mitschwingt. An Selbstbewußtsein mangelte
es STEPHAN REMMLER nie, zumindest nicht nach außen. Und das ist
gut so. Klar, die musikalische Seite ist, kennt man nur die TRIO-Sachen,
gewöhnungsbedürftig, die Orientierung an den Texten gelingt
hingegen auf Anhieb.
„Mach den Sarg auf“ folgt, ein sarkastisches Lied aus der Sicht
des Eingesargten, auch schon auf o.g. Single enthalten. Ein Ode an den Überlebenswillen.
In diesem Stil geht es gleich weiter: „Ich muß ins Krankenhaus“ befaßt
sich mit den grotesk dargestellten Zipperlein des Alters, soll aber sicher
eher darauf hindeuten, daß man sich des Lebens immer weiter erfreuen
sollte, auch wenn nicht mehr alles perfekt funktioniert.
Mit „Guten Abend“ wird es anschließend philosophisch-verträumt.
Ein genial-abgedrehter Text, zu dem auch das Mitwirken von THOMAS
D. bestens paßt. Man könnte sowas auch als Kiffermucke bezeichnen,
aber wenn mit Anspruch.
Anhänglich die Erst-Single „Frauen sind böse“,
die viele Radiostationen nicht in ihr Programm aufnahmen, weil es ihnen
zu frauenfeindlich erschien. Nun, da ist viell. was dran, aber auch nur,
wenn man sich als Frau zu ernst nimmt. Ich hingegen finde so ein Verhalten
skandalös - so als wäre es mit der Meinungsfreiheit in Deutschland
nicht weit her. Ein typisch übervorsichtiges Verhalten der Medien
[usw. usf.] gegenüber dem schwachen Geschlecht, welches in meinen
Augen viel zu oft ohne bewußte Wahrnehmung übervorteilt wird.
Ist man ehrlich, treffen etliche Aussagen verdammt genau zu. Ein Glanzlicht
des Albums.
Das Titelstück „1,2,3,4“ definiert das aktuelle Bewußtsein
der Bevölkerung – die gebotene Unsicherheit, wie man sich
richtig verhält. Allgemeine Konfusion zwischen Rastlosigkeit und
Trägheit in einer immer schneller wirkenden Welt.
Genug des Tiefsinns kommt STEPHAN nun wieder zum ältesten Thema
der Menscheit: Liebe / Trennungsschmerz - „Kummer“. Die Rapsequenzen
von DEICHKIND hätte man sich dabei gerne sparen können. Thematisch
ist es ja eigentlich immer dasselbe, nachdem man jemanden verloren hat,
kommt erst der Gedanke daran auf - man hadert in einem unendlichen Masochismus,
noch massiv verstärkt durch eine etwaige Substitution - in meinen
Augen ein sehr männliches Thema.
„Let´s go to Elvis“ ist die in Text gepackte rebellische Menschlichkeit,
immer das anzustreben, was man gerade nicht hat / ist. Hervorragend dargebracht
in diversen Vergleichen.
Für die laue Nacht unter Sternenhimmel ist dann wieder „Sag
mir wen Du liebst“ geschaffen [Tunesiengeprüft! ;)]. Zärtlich-verträumt
ohne Melancholiegedanke.
„Vogel der Nacht“ ist ein neu aufgelegtes Stück des Albums „Stephan
Remmler“ von 1986, hier im „Bus Remix“. Ebenfalls sehr
verträumt. Dem ein oder anderen Zuhörer kam die Assoziation
mit Vater Abraham und den Schlümpfen in den Kopf, die man nicht
ganz von der Hand weisen kann. Ein doch eher harmloses, romantisches
Geklimper.
„World famous in Germany“ ist wieder völlig sarkastisch, sicher
auch selbstironisch – wie unbekannt lokale Musiksterne in der Restwelt
sein können, obwohl man im Heimatland Heldenstatus besitzt - allein
wie offensiv STEPHAN REMMLER damit umgeht, spricht für ihn.
So dann, „Die Luft ist raus“, das eigentliche Outro [es folgt
nur noch Bonusmaterial], ist ebenfalls gelungen; wie geschaffen für
einen Rausschmeißer beim Konzert oder im Club – die Protagonisten
haben alles gegeben – das Ende naht – auch dieser Kritik.
Sicher ist nach dieser quasi-epischen Abhandlung der ein oder andere
neugierig geworden – ich kann Euch aber so oder so nur empfehlen,
diese Scheibe ausgiebig zu konsumieren, wenn man jemals etwas mit TRIO
oder vor allem auch STEPHAN REMMLER verband.
Ein Meisterwerk – das, auch wenn es wie dafür geschaffen
scheint – hoffentlich
nicht das letzte des STEPHAN REMMLER sein wird!
H-Punkte 6,0 [Skala 1- 6]
DJHorn
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