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VNV Nation – Matter and form (CD/Anachron/SPV/Metropolis) – Info: www.vnvnation.com Lang erwartet, nun seit einer Woche
im Plattenladen zu erhaschen: Das neue Album „Matter and form“ der irischen Band VNV NATION.
Und was uns Mark Jackson und vor allem Ronan Harris da abliefern, ist
allererste elektronische Ware. Neigt man beim ersten Betrachten noch
dazu, den Umstand zu bemängeln, daß zu viele instrumentale
Stücke enthalten sind, so verschwindet dieser Eindruck mit jedem
Hören mehr und mehr, da gerade auch diese Tracks ihren Charme sowie
elektronisch brillante Eleganz versprühen. Das auch so genannte „Intro“ säuselt
noch dahin, aber direkt im Anschluß kommt mit der Single „Chrome“ DER
Beatreißer der Scheibe um die Ecke. Ultrapräzise Elektronik,
kompromißlos wie ein Preßlufthammer, und ein Text, der zwar
oberflächlich anmutet, aber doch den freundlichen Geist Ronans gut
widerspiegelt. Dazu die immer wieder aussetzenden Spacebeats, teilweise
gepaart mit Baßschlägen, bei denen man einfach unwillkürlich
mitschlagen möchte. Natürlich ist dieses Liedgut nicht unkommerziell
veranlagt, natürlich handelt es sich nicht um eine völlig neue
musikalische Gestaltung, aber in dieser Kombination habe ich ständig
das Gefühl, den Song nicht laut genug machen zu können, einfach
unwiderstehlich genial. Und als wäre man da nicht schon genug bedient,
folgt direkt im Anschluß der ruhige Favorit dieses Silberlings: „Arena“,
Ronans Stimme ebenfalls hervorragend eingebracht in eine ruhige Synthi-Pop-Ballade,
deren Sequenzen sich langsam zu mehr Energie hocharbeiten, bis sie in
einer Jean Michel Jarre nicht ganz unähnlichen Art zur Eruption
kommen. OK, dieser Song hat, vor allem aufgrund des Textes, eine Spur
Melancholie, aber diese wandelt sich in eine mentale, wenn auch einsame
Reinheit, ein in sich Verharren im Gefühl, das Richtige zu tun. H-Punkte 5,5 [Skala 1- 6] DJHorn Warum hab ich mit VNV NATION so meine Probleme? Vielleicht ist es der Grad der Unantastbarkeit, den die Band mit Nukleus und Frontmann Ronan Harris mittlerweile erreicht hat. Inzwischen gelten sie als die unangefochtene Elektro-Speerspitze und äußert man Kritik, wird sie auch sofort wieder im Keime erstickt. VNV NATION erinnern mich somit an den Entertainer Thomas Gottschalk, der auch lange Jahre als unantastbar galt und alles, was er machte war schon aus Prinzip gut. Aber es nur auf diese eine Formel zu bringen wäre auch grundlegend falsch, denn schlecht ist das was VNV NATION produzieren auch nicht. „Praise the fallen“ war ein großartiges Werk, der Nachfolger „Empires“ gefiel mir vor allen Dingen aufgrund des Openers „Firstlight“, weniger aufgrund der absolut klischeehaften Single „Darkangel“. VNV NATION vereinen all das, was die Szene braucht; sie besitzen alle Ingredenzien um den Szeneclubhit des Jahres zu produzieren. Eine Leistung, die man neidlos anerkennen sollte. Aber genau deshalb wird mir VNV NATION auch mit den Jahren immer „langweiliger“. Die neue Single „Chrome“ zum Beispiel kommt rechts einfallslos daher. Ich finde die Nummer unspektakulär und recht „trocken“ instrumentiert – auch der sehr offensichtliche 242-Sample spricht da in meinen Augen Bände. Erneut ein Song der Kategorie „kann man sich anhören“, aber umhauen kann mich der Titel weiß Gott nicht. Interessant werden VNV NATION für mich immer dann, wenn sie aus ihrem engen musikalischen Konzept ausbrechen und z.B. Instrumentals entwerfen. Auf „Matter and form“ kann mich „Colours of rain“ vollstens überzeugen. Ein ruhiges Piano-Stück mit sehr viel Klasse und Stil. Allein der großartige Hall auf dem Klavier wirkt schon sehr beeindruckend. Mein zweiter Favorit auf „Matter and form“ ist zweifelsohne „Strata“. Ein sehr liebevoll umgesetztes, instrumentales Schmuckstück auf der Scheibe, erinnert mich jedoch z.T. auch an „No future“ von EPSILON MINUS. Was die Band allerdings mit Tracks wie „Arena“ oder „Perpetual“ austestet, bleibt mir ein Rätsel. Werden doch die hippen 80er Sequenzer dort mit fast reinen, akustischen Beats unterlegt. Mal wieder ein Indiz dafür, dass die Band auch aktuelle Trends aufgreift? Vielleicht, denn ich denke die Erwartungen an VNV NATION sind inzwischen auch sehr hoch, was den kommerziellen Aspekt angeht. Ich selbst kann mich mit diesen Stücken allerdings nicht anfreunden. Sie wirken dann doch zu sehr herzlos und auf „Nummer sicher“ produziert. Auch langweilt mich der immer gleiche, etwas nöhlende Gesang von Ronan Harris. Ich würde mir wünschen, er experimentiert mit den nächsten Werken mal etwas mehr, vielleicht auch mal ein paar neue Effekte um neue Akzente zu setzen. So wirken viele Stücke von VNV NATION für mich immer sehr beliebig. Insgesamt mal wieder ein nicht wirklich schlechtes Werk, allerdings mit dem Innovationsfaktor NULL. H-Punkte 3,5 [Skala 1- 6] Le-Rav |
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:WUMPSCUT: - Evoke (CD/Betonkopfmedia/Nova) – Info: www.wumpscut.com Es ist nicht einfach, die neue :WUMPSCUT:-CD „Evoke“ treffend zu umschreiben, man könnte viel Gutes aber auch sehr viel Schlechtes über sie schreiben. Die Stile sind durchaus vielfältig, wobei direkt die oft sehr im Vordergrund stehende weibliche Stimme auffällt, die, Ausnahmen bestätigen die Regel, außer in „Hold“ total nervtötend und den Rest degradierend ist. Natürlich wird Rudy Ratzinger mal wieder viele neue Fans aus dem Mittelalter/Neofolk-Bereich für sich gewinnen, aber zu welchem Preis? Kann man das noch Kommerz nennen oder ist das eher eine dreiste Provokation? Der weitere Weg von :WUMPSCUT: wird es aufzeigen. Aber man wird den Eindruck nicht los, daß Rudy selbst nicht so genau weiß, wo er hin möchte. Mal dies und das ausprobiert, um wenigstens dem Makel des sich selbst reproduzierenden Künstlers zu entgehen. Aber was meinen die alten Fans dazu? Einige werden sich sicher verarscht fühlen und angewidert max.. zu den alten Werken abwenden, oder aber Ihr Heil in wenigen der neuen Liedern suchen/finden, wie z.B. in „Churist churist“, welches mit „Evoke“ noch am ehesten an alte Strukturen erinnert. Bei ersterem finde ich nur den Refrain etwas brechreizerweckend, möchte Rudy denn wirklich vom Brachial-Electro zum Mittelalter/Neofolk-Genre wechseln? Kaum vorstellbar und erst gar nicht zu wünschen. Das zweitgenannte „Evoke“ überzeugt hingegen als ruhiges Stück, ähnlich wie „Hold“ [allerdings dort mit Frauengesang, wie oben erwähnt], mit präzisen Spacebeats im restlichen elektronischen Gewand, zu dem sich ein beschwörender Gesang hinzugesellt. Ein würdiges Titelstück. Ganz im Gegensatz zum gewagten Opener „Maiden“, nach dem man als Durchschnittsoptimist normal direkt zur völligen Zerstörung des Silberlings schreiten muß, so sehr belästigt der weibliche Gesang von Jane M. den Gehörgang. Zu hoffen bleibt, daß Rudy Ratzinger in Zukunft auf derlei Unrat verzichtet und sich wieder ein wenig an seine Wurzeln erinnert. Mittelalter/Neofolk-Dreck machen genug andere schlechte, oftmals gar kommerzielle Bands...
DJHorn PS: Diese CD stellte Euch eine ReleaseParty bei "EBM back to NEP" im April genauer vor. Hier die Site dazu.
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