20.05.2023: DM live im Sportpalast in Antwerpen inklusive Bilderserie
DEPECHE MODE in der Halle – ein Genuss (fast) von vorne bis hinten
Am 20. Mai hatten wir die Ehre, dem mit ersten Konzert auf europäischen Boden (das insgesamt 13. der Tour) im Antwerpener Sportpalast beizuwohnen. Die An- wie auch vor allem die Abreise war etwas staubelastet und zurück mit der Tram kam man sich auch eher wie in einen Viehwaggon hineingepresst vor, aber der Aufwand hat sich gelohnt. Als wir zur Einlasszeit zum Gelände kamen, schien derjenige mit genug Proviant der König zu sein, eine Riesenmasse wartete auf Einlass. Zuerst passierte reichlich wenig, aber dann ging es doch schnell rein in die Halle, Personenkontrollen gab es gar nicht. In der heutigen Zeit wäre das leider angemessen.
DM waren wirklich gut drauf, das Publikum allerdings durchwachsen, in Schwarz sieht man da nur noch eine Minderheit, irgendwie traurig. Die Merchandiseartikel passen sich mehr als genug den inflationären Tendenzen der letzten Jahre an, ein T-Hemd für schlappe 50 Euro, ein Wahnsinn.
Die Vorband Cold Cave begann pünktlich und liegt stilistisch in etwa im Cure-Bereich, aber das war für den Zweck absolut in Ordnung.
Auch Martin und Dave betraten pünktlich um 20.45 Uhr die Bühne, die mit einem großen, aufgestellten bzw. auch oben mit Stahlseilen gehaltenen „M“ aufwartete, das ebenso wie der Bereich dahinter mit LCD-Bildschirmen bestückt war. Um es vorwegzunehmen: Die gezeigten Videos von Anton Corbijn erreichten nicht die gewohnte Qualität, zu beliebig wirkten die eingespielten Filme, oft wurden auch nur Sequenzen von den Protagonisten auf der Bühne wiedergegeben. Seitlich waren zwei weitere Bildschirme, die das Geschehen auf der Bühne für die weiter Entfernten darboten. Die Lichtanlage war hingegen sehr ausgefeilt und in stetiger Abfolge aktiv. Der Klang war auch gut, auch wenn er nun kein totaler Ohrenschmaus war – solide. Da es keinen FOS gab (wurde der nicht vorher für sehr viel Geld angeboten, als es die Karten zu kaufen gab?), waren wir seitlich des Auslegers sehr nah am Geschehen.
Die dargebotenen Lieder in der Einzelkritik:
Intro und My Cosmos is Mine: Nun ja, ein wenig träge ist das Lied schon, dafür recht monumental.
Wagging Tongue: Ein erstes Glanzlicht, weil es mit das beste Lied ist, welches vom neuen Album „Memento Mori“ gespielt wird. Die für mich besseren fehlen sonst in der Liedliste.
Walking in My Shoes: Wohl mittlerweile so etwas wie eine Hymne von DM, die Aussage ist eine Binsenweisheit. Gefiel mir sehr gut.
It’s No Good: Einer meiner Allzeitfavoriten, ich liebe diesen Song auch textlich.
Sister of Night: Eine Überraschung in der Liste, damit meine ich nicht, dass ich es vorher nicht schon las, sondern dass man ein Lied intonierte, was nach der Exciter-Tour 2001 nie gespielt wurde. Ich mag es, auch weil es mich an den Anfang der SYNTHETIC PAINkiller erinnert, die im selben Jahr erstmals stattfand.
In Your Room: Finde ich auch immer wieder toll.
Everything Counts: Nun ja, ich kann es eigentlich nicht mehr hören, aber trotzdem machte das Lied Bock. Dave und Martin wanderten m. E. dabei auch das erste Mal auf den Ausleger.
Precious: Für mich eines der besten Lieder nach der Violator.
Speak to Me: Der erste absolute Hänger, weiß, viele finden das Lied toll, ich fand es live jedoch total langweilig und dröge.
A Question of Lust: Schön, dass Martin dieses Lied spielte, wenngleich ich Home auch sehr mag – das bessere seiner zwei.
Soul With Me: Mittlerweile kann ich das Lied bis auf den Kehrreim ertragen, live gefiel es mir auch weit besser als auf dem Album.
Ghosts Again: Für mich das Lied des neuen Albums, welches die beste Stimmung erzeugt. Mag auch daran liegen, dass es nach langer Zeit der Entbehrung eine erste, direkt überzeugende Single darstellte.
I Feel You: Puh, kann man spielen, aber ist für mich doch irgendwie durchgelutscht, wurde zu oft live intoniert.
A Pain That I’m Used to: Einer der Schwachpunkte des Konzertes, davon gab es für mich insgesamt drei. Diese Version ist einfach nichts.
World in My Eyes: Eine Würdigung von Andrew Fletcher, bei der Bilder von ihm projiziert wurden. Irgendwie kam mir das aber doch viel zu wenig vor als Andenken an das am 26. Mai 2022 überraschend mit nur 60 Jahren an einer Aortendissektion gestorbene Gründungsmitglied von DM – geht es Euch da wie mir? Ich weiß noch genau, wo ich war, als mich diese traurige Nachricht ereilte.
Wrong: Mit Sicherheit das beste Lied des 2009er-Albums, aber doch nicht das absolute Glanzlicht der Liedliste.
Stripped: Hier war es anders, Stripped klang saugeil und war für mich neben einem weiteren Lied das beste des Konzertreigens.
John the Revelator: Ja, keine Ahnung, ich mag das Lied im Grunde, aber trotzdem würde ich mir da eher „Behind the Wheel“ oder „Black Celebration“ wünschen.
Enjoy the Silence: Was soll man sagen, EtS ist für mich wohl immer noch mein Allzeitfavorit von DM, so schwierig es ist, dies zu benennen. Die Version war altbekannt, aber im instrumentalen Teil wurde m. E. ein wenig an ihr geschraubt – der einzige Teil, der daran nicht so mein Ding ist. Damit endete das Hauptprogramm.
Zugaben:
Waiting for the Night: Wegen einer Menge Bewegung war ich schon nach zwei Dritteln ziemlich am Arsch. Da kam mir diese ruhige Zugabe sehr recht. Erschwerend kam hinzu, dass Martin und Dave sich auf dem Ausleger wie zwei schnuckelige Schuljungen darboten, irgendwie war es dadurch das geilste Erlebnis des Abends.
Just Can’t Get Enough [doch!]: Und endlich kommt der Bodensatz der Livedarbietung, wieso dieses Kinderpoplied immer noch den Weg in die Spielliste findet, ist mir ein Rätsel. Zu kurz, um auf Toilette zu gehen – wie früher immer –, aber ich kann es einfach nicht hören, ätzend.
Never Let Me Down Again: Ja, was soll man da noch sagen, sowohl das elektronische Gewand als auch der Text sind immer wieder ein Gewinn.
Personal Jesus: Lange Zeit war Personal Jesus neben EtS mein Favorit, aber lieber in der „Holier Than Thou Approach“-Abmischung. Das Problem war ein wenig der späte Moment, aber der Sir holte noch einmal die letzten Körner aus sich heraus, um die neben ihm stehenden Zuschauer zu belästigen.
Damit komme ich nahtlos auf das immer größere Ungemach bei DM-Konzerten: Die Zuschauer werden immer bunter, damit meine ich aber nicht das, was man darunter mittlerweile gesellschaftlich versteht, sondern die Klamotten. Es bewegt sich auch kaum noch jemand, meine Mitfahrer waren durchaus ebenfalls aktiv, aber ansonsten war im Umkreis von mindestens zehn Metern keiner tanzend unterwegs – mehr als ein wohlwollendes Mitklatschen war nicht drin. Und das, obwohl wir recht weit vorne links neben dem Ausleger standen. Was ist denn da los? Leider ist es eher üblich, dass derjenige, der sich bewegen möchte, angefeindet wird. Wer mich kennt, weiß aber, dass man beim Sir dabei auf taube Ohren stößt. Im Gegenteil, ich ermutigte selbst zur körperlichen Ertüchtigung mittels Tanz, vergeblich. Was aber viele können: Ganze Lieder mit ihrem großen Smartphone, das natürlich auf maximale Helligkeit eingestellt ist, filmen; immer schön den Leuten hinter sich die Sicht nehmen, das ist doch toll, ein absolutes Unding auf fast jedem Konzert. Mal ein Bild, na klar, machte ich auch, aber andauernd?
Fazit: Diese Tour ist nach der ersten Begutachtung großartig. Martin ist wie sonst unterwegs, Dave scheint die Spielereien und den Glitzerposer etwas abgelegt zu haben und konzentriert sich aufs Wesentliche, das kommt dem Konzerterlebnis sehr zugute. Die Videosequenzen könnte etwas bewegender sein, aber wenn die Band gut aufspielt, kann man darüber hinwegsehen. Das Konzert wurde auch nicht wie früher hier und da kaputtgetrommelt von Christian Eigner, ich würde ihn trotzdem lieber mit ein paar E-Drums sehen oder ganz durch Synthesizerklänge ersetzen. Die Halle trug viel bei zu einem guten Konzert, so etwas kriegt man in einem Riesenstadion in puncto Atmosphäre einfach nicht hin. Es war, wenn denn DM sich noch einmal bequemen, sicher nicht das letzte Konzert im 20.000 Zuschauer fassenden Sportpalast in Antwerpen. Empfehlung!
Sir Horn
PS: Mein Dank gilt den Begleitern, war ein cooler Ausflug. Auch schön, dort ein paar Öcher anzutreffen.
Fotografen der Bilderserie: JS // US // GH (danke, danke!)
06.06.2023: DM live in der Düsseldorfer Merkur Spiel-Arena inklusive Bilderserie
Ein Konzertbericht inklusive Bilderserie von www.djhorn.de
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